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KOKO#8 Blick ins Kaleidoskop
Interview mit „Diva“

#8 Blick ins Kaleidoskop
Interview mit „Diva“

Einst als „gefährlichste Straße Deutschlands“ bezeichnet, hat sich die Eisenbahnstraße in Leipzig zu einer lebendigen Straße entwickelt. Während sich die Stadt rasant verändert, gibt es Menschen, die in ihrem eigenen Tempo und mit einer gewissen Gelassenheit ihren Weg gehen.

Die achte Folge handelt von „Diva“, die die Eisenbahnstraße liebt. Wie eine Fee besucht sie die verschiedenen Freiräume dieser Straße und zeigt die Bereitschaft, ihr Schicksal mit der Eisenbahnstraße zu teilen.
Leipzig ist eine kleine Stadt, in der man nicht selten Bekannte trifft – egal wohin man geht. Wenn man die verschiedenen Freiräume in der Eisenbahnstraße besucht, begegnet man immer wieder einer Person: „Diva“. Eines Winters baten wir sie um ein Interview, und sie lud uns daraufhin zu sich nach Hause ein.
„Ich mache die Heizung an und koche Kaffee für euch.“
Sie möchte ihren Hintergrund bzw. ihre migrantische Familiengeschichte nicht offenlegen und aus Gründen der Privatsphäre in dem Artikel „Diva“ genannt werden.Ihr Zimmer ist voller Schätze, die sie auf der Straße findet: analoge Telefone, Filzblumen und Wandteppiche mit exotischen Mustern schaffen ihre eigene Welt in einem kleinen Raum.
„Meine Familie besteht aus Handwerkern, und ich mache auch alles selbst.”

„Leipzig ist eine coole Stadt mit alternativer Kultur, obwohl die Straßen und Häuser schäbig sind. Ich dachte mir, vielleicht gibt es dort noch ein paar Underground-Sachen, wie ich sie in meiner Jugend erlebt habe. Also beschloss ich, dorthin zu ziehen.“
Sie erzählt von ihrer ersten Begegnung mit der Wohnung : „Eines Tages ging ich im Rabet-Park spazieren und dachte, was für ein schöner Ort das doch ist. Die umliegenden Wohnungen haben kleine französische Balkone, und es laufen Leute mit Labradoren herum. Dann habe ich zufällig diese freie Wohnung gefunden.“

„Bin ich glücklich, in Leipzig zu wohnen? Nein. Ich habe keine Kinder und keinen Partner. Ich bin mein bester Freund und mein eigener Chef.“ Es klingt nach Einsamkeit, aber der Raum um sie herum erzählt eine andere Geschichte – von Fülle, von Fundstücken, von Erinnerungen.
Ihre eigenen Bilder und Collagen säumen die Wände, und an der Seite klebt ein Foto der jungen „Diva“, die die Welt bereist hat. „Nepal, Bolivien, Chile, Peru, Sumatra. Schöne Orte, Strände, gutes Wetter. Diese Orte haben mich schon immer angezogen.“

Wenn wir sie nach ihrer Lieblingsort in Eisenbahnstraße gefragt haben, antwortete sie : „Mein Lieblingsplatz war vor dem Kamin im alten Japanischen Haus in der Eisenbahnstraße 113b. Aber den gibt es nicht mehr. Das neue Japanische Haus hat nur normale Heizungen. Schade für mich.“
Obwohl sie von den Veränderungen in dieser Straße verwirrt sind, hat „Diva“ nicht vor, von hier wegzuziehen.
„Wenn ich die Eisenbahnstraße entlanggehe“, sagt sie, „habe ich immer das Gefühl, durch ein Kaleidoskop zu schauen. Die Menschen sind so unterschiedlich wie die Mosaiksteine, und wenn man sich umdreht, bietet sich immer ein anderes Bild. Die Stadt verändert sich, aber ihr Geist bleibt. Und ich? Ich folge ihm.“